Gerichtsvollzieher: seine Aufgaben und Befugnisse
Gerichtsvollzieher sind Landesbeamte der Justiz, handeln als dessen selbstständiges, hoheitliches Vollstreckungs- und Rechtshilfeorgan zwischen Gläubigern und Schuldnern.
Im Rechtsverhältnis agiert der Gerichtsvollzieher dabei weder als Vertreter, noch als Erfüllungsgehilfe des Gläubigers.
Die Aufgaben basieren auf dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), der Gerichtsvollzieher-Ordnung (GVO) des jeweiligen Bundeslandes sowie dem Regelwerk der Zivilen Prozessordnung (ZPO).
Im Rahmen ihrer Tätigkeiten können Gerichtsvollzieher gegenüber Schuldner unmittelbaren Zwang ausüben, Zwangsräumungen und Verhaftungen durchsetzen, wobei die Beamten sich im Wege der Amtshilfe auch an die Polizei richten können.
Baden-Württemberg übernimmt die Vorreiterrolle. Erstmals können künftige Gerichtsvollzieher einen 3-jährigen Bachelorstudiengang belegen und sich auf ihre beruflichen Aufgaben vorbereiten.
Eingriff in das bewegliche Vermögen eines Schuldners
Als primäre Aufgabenstellung des Beamten zu nennen wäre die sog. „Beitreibung titulierter Geldforderungen“ gemäß den § 753 und 802a der ZPO innerhalb eines ihm zugewiesenen Amtsbezirks.
Zur Durchsetzung solcher Forderungen wirkt der Gerichtsvollzieher zunächst auf eine gütliche Einigung hin, in dem er beispielsweise mit dem Einverständnis des Gläubigers Ratenzahlungen oder Zahlungsaufschübe vereinbaren kann.
Gerichtsvollzieher haben jedoch auch das Recht, auf das sog. „bewegliche Vermögen“ (beispielsweise Bargeld, Fahrzeug, Schmuck etc.) eines Schuldners zuzugreifen und dieses zu pfänden, wobei § 811 der ZPO exakt vorgibt, welche Sachgüter von einer Pfändung ausgeschlossen sind. Zu beachten wäre demnach das sog. Kahlpfändungsverbot.
Vom Gerichtsvollzieher gepfändete Gegenstände wird dieser mit einem Pfandsiegel mit Angabe des Amtsgerichtes versehen und den Schuldner darüber informieren, dass das unberechtigte Entfernen eines solchen Siegels gemäß § 136, Absatz 2 des Strafgesetzbuches strafbar und somit unter dem Begriff „Siegelbruch“ ahndungsfähig würde.
Vermögensauskünfte eines Gläubigers durchsetzen
Endet der Versuch einer Forderungsbeitreibung mit einer im Amtsdeutsch genannten „fruchtlosen Pfändung“ beim Schuldner, kann der Gläubiger den zuständigen Gerichtsvollzieher im Rahmen eines Antrages mit der sog. „Vermögensauskunft“ beauftragen. Diese hat in der Zwischenzeit die Begriffe Offenbarungseid und eidesstattliche Versicherung ersetzt.
Seit 2013 ist ein Gläubigerauftrag nicht mehr zwingend erforderlich, kann stattdessen auch durch die Entscheidung des Gerichtsvollziehers betrieben werden. Ziel der Vermögensauskunft ist ein zu erstellendes und umfassendes Verzeichnis über das Vermögen des Schuldners. In dieses fließen auch alle körperlichen Gegenstände sowie eigene Forderungen des Auskunftspflichtigen ein.
Die Angaben müssen „an Eides statt“ bestätigt werden, wobei falsche Angaben gerichtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Das Verzeichnis des Schuldners wird vom Gerichtsvollzieher in das Schuldnerverzeichnis des zuständigen „Zentralen Vollstreckungsgerichts“ eingetragen.
Aufgabenbereich der Zwangsräumung
Grundvoraussetzung für die Zwangsräumung von Wohnungen oder Grundstücken ist die Räumungsklage mit Ankündigung der Zwangsvollstreckung. Das Urteil endet im Räumungstitel mit namentlicher Nennung aller betroffenen Bewohner, wobei auch volljährige, wirtschaftlich selbstständige Kinder zu nennen sind, da die Zwangsräumung ansonsten unzulässig wird.
Laut Rechtsprechung obliegt die Durchsetzung der Zwangsräumung, bis auf juristisch genau definierte Ausnahmen für Eigentümer, ausschließlich einem Gerichtsvollzieher, der u.U. auch einen beantragten Vollstreckungsschutz des Schuldners entgegennimmt und diesen dem zuständigen Amtsgericht zur Entscheidung vorlegt. Im Zuge der Vollstreckung kann der Beamte beispielsweise Schlösser aufbrechen und austauschen, unmittelbaren Zwang androhen und auch anwenden.
Ergänzende Zuständigkeiten des Gerichtsvollziehers
Der Einsatz des Beamten kann auch mit der Durchführung einer sog. Kindeswegnahme erforderlich werden, die auf einer Entscheidung des Familiengerichts beruht. Solche Maßnahmen wird er stets mit Unterstützung von Polizeibeamten und einem Vertreter des Jugendamtes durchführen, wobei es diesem Personenkreis nicht erlaubt ist das Kind anzufassen.
Er sorgt zudem für die förmliche Zustellung amtlicher Schriftstücke, auch solcher, die laut Gesetz u.a. auch bestimmte Willenserklärungen oder Darstellungen einer Angelegenheit beinhalten können. Und im Zuge von Pfändungen obliegt ihm die Aufgabe der gegenständlichen Wertermittlung und das Betreiben sog. „Austauschpfändungen„. Dabei werden hochwertige Gegenstände gegen solche ersetzt, die den Zweck der Austauschgegenstände weiterhin erfüllen, aber einen geringeren Wert darstellen.