Kapital – viel mehr als nur Geld
ein Begriff, der allen vertraut ist – und doch gibt es viele unterschiedliche Definitionen, je nachdem, in welchem Zusammenhang er benutzt wird. In der Betriebswirtschaftslehre versteht man unter Kapital etwas anderes als in der Volkswirtschaftslehre. Aber auch Bereiche wie die Soziologie verwenden das Konzept des Kapitals. Nicht zuletzt ist es auch ein umgangssprachliches Wort, das mit „Geld“ oder „Vermögen“ gleichgesetzt wird, und auch ein Schlagwort in der Gesellschafts- und Kapitalismuskritik wie im berühmten Hauptwerk von Karl Marx: „Das Kapital“.
Inhaltsverzeichnis / Table of Contents
Wortherkunft und Bedeutung
Entstanden ist das Wort aus dem Lateinischen. Caput bedeutet Kopf und capitalis steht für „den Kopf betreffend“. Vermutlich veränderte der Begriff bereits im Lateinischen (ebenso wie später im Deutschen) seine Bedeutung von „Kopf“ zu „Haupt“ im Sinne einer Hauptrechnung oder summa capitalis. Im Italienischen entstand bereits im 16. Jahrhundert der Wortgebrauch des capitale als Anzahl der Köpfe einer Tierherde – also ganz wörtlich Vermögen in Form des Viehbestandes.
Die Betriebswirtschaft und das Kapital
In der Betriebswirtschaftslehre wird unter Kapital kurz gesagt alles verstanden, was auf der Passivseite der Bilanz eines Unternehmens steht, also sowohl Eigenkapital als auch Fremdkapital sowie Rechnungsabgrenzungsposten. Es handelt sich um Ansprüche auf das Vermögen des Unternehmens. Unterschieden wird zum einen nach der Befristung und den Gewinnansprüchen – während Eigenkapital der Gesellschaft unbefristet zur Verfügung steht und Gewinne nur bei unternehmerischem Erfolg ausgezahlt werden, wird Fremdkapital in kurz-, mittel- und langfristige Kredite gestaffelt, die grundsätzlich befristet sind und auch bei Verlust des Unternehmens bedient werden müssen.
Zum anderen wird das Unternehmenskapital differenziert in das betriebsnotwendige Kapital sowie das sogenannte Ergänzungskapital, also den Anteil, der für den Betriebszweck des Unternehmens nicht unbedingt nötig ist. Von besonderer Bedeutung insbesondere bei Kapitalgesellschaften ist das Kapital bei der Unternehmensgründung.
Nicht zu verwechseln ist Kapital mit Liquidität, denn diese bezeichnet kurzfristig verfügbare Mittel, mit denen Gläubigeransprüche ausgeglichen werden können. So kann ein Unternehmen insolvent werden, wenn es seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt, auch wenn genügend Kapital, beispielsweise in Form von Eigenkapital, vorhanden ist. Denn dieses ist in der Regel nicht kurzfristig verfügbar. Kapital im unternehmerischen Sinne ist also die Summe aller Finanz- und Sachmittel, die dem Unternehmen zur Erfüllung seines Geschäftszweckes zur Verfügung stehen. Dabei ist es unerheblich, ob die Mittel befristet oder unbefristet vorliegen, extern oder intern finanziert wurden, und wie genau sie verwendet werden.
Kapital in der Volkswirtschaft
Volkswirtschaftlich gehört Kapital zu den sogenannten gesamtwirtschaftlichen Produktionsfaktoren. Die anderen beiden sind Boden und Arbeit. Kapital im volkswirtschaftlichen Sinne umfasst also den Bestand an Ausrüstung, der zur Erzeugung von Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, wie Maschinen und Produktionsstätten, Werkzeuge, Infrastruktur und ähnliches, kurz auch Kapitalstock genannt. Das Kapital dient außerdem zu Investitionszwecken, mit denen der Kapitalstock erweitert oder erneuert wird.
Dabei ist kurzfristig irrelevant, aus welcher Quelle das Kapital stammt – ob nun aus angesparten Mitteln, dem Unternehmensgewinn oder auch der Aufnahme von Fremdmitteln. Realkapital, also Produktionsmittel, wird mittels des Kapitals geschaffen. In einer ausgewogenen Volkswirtschaft sollte den Investitionen allerdings auch eine hohe Sparquote gegenüberstehen, die die Aufnahme von Fremdmitteln abdeckt. Real- und Geldkapital werden noch um den Faktor Humankapital ergänzt, also das Potenzial der Arbeitskräfte, das durch Ausbildung entsteht.
Das Kapital ist somit der Motor der Wirtschaft und von zentraler Bedeutung in der heutigen Gesellschaft. Volkswirtschaftlich relevant ist zudem, dass Kapital jederzeit global mobil ist – sobald andere Länder/Standorte günstigere Konditionen offerieren (Steuererleichterungen, günstigere Arbeitskräfte oder ähnliches), kann Kapital heutzutage schnell transferiert und an anderer Stelle investiert werden. Da Kapital, wie auch die anderen Wirtschaftsgüter, knapp ist, wird für seine Nutzung ein Kapitalzins erhoben. Die Kapitalknappheit kann von selbst entstehen oder aber auch absichtlich herbeigeführt werden als Mittel der gesamtwirtschaftlichen Steuerung.
Abgrenzung von Kapital und Vermögen
Dem Grunde nach bezeichnen Kapital und Vermögen die gleichen Dinge, nämlich Finanz- und Realbesitz eines Unternehmens. Der Unterschied besteht darin, dass das auf der Passivseite bilanzierte Kapital sich mit der Herkunft der Mittel beschäftigt, während das auf der Aktivseite zu findende Vermögen danach aufgeteilt wird, wie es eingesetzt wird. Auf der Passivseite werden die Mittel unterteilt in die Mittelgeber (also Eigen- gegen Fremdkapital), die Ansprüche auf den Unternehmensgewinn und die Verfügbarkeit sowie die Laufzeit.
Die Aktivseite führt die Mittel nach ihrem Verwendungszweck auf, also beispielsweise Fuhrpark, Bankbestand, Maschinen. Vermögen und Kapital sind also gleich groß und beleuchten den gleichen Sachverhalt lediglich aus zwei verschiedenen Blickwinkeln: Mittelherkunft und Mittelverwendung.
Weitere Definitionen des Begriffes
Die Definition von Karl Marx, also die sozialistische Wirtschaftslehre, sah das Kapital als Resultat der Ausbeutung der Lohnarbeiter, wodurch ein Mehrwert entsteht. Kapital wird investiert, um weiteres Kapital zu generieren, und zwar durch Kauf von Arbeitskraft. Der entstehende Mehrwert wird aber nur teilweise an die Arbeiter ausbezahlt, wodurch das Kapital vermehrt wird. Umgangssprachlich sind meist schlicht größere Mengen Geldes gemeint oder auch positive Eigenschaften wie „Sein gutes Aussehen ist sein Kapital“.
Aber auch unabhängig von wirtschaftlichem Kontext gibt es weitere Bedeutungen. So kennt die Soziologie beispielsweise Begriffe wie Bildungskapital oder soziales Kapital, die die schulische und außerschulische Bildung sowie die persönlichen Netzwerke eines Individuums meinen. Auch der Begriff des geistigen Kapitals, also zum Beispiel Urheberrechte, spielt eine große Rolle. Kapital im weiteren Sinne ist also weit mehr als die Summe an Geld- und Realvermögen, das im Wirtschaftskreislauf zirkuliert.