Fremdkapital
Bei Fremdkapital handelt es sich um Kapitalmittel, die juristischen Personen (also Unternehmen, Körperschaften oder auch staatliche Einheiten, beispielsweise Länder und Kommunen) von deren Gläubigern zeitlich befristet und mit der Pflicht zur Rückzahlung zur Verfügung gestellt werden oder aber in Form von Rückstellungen oder passiven Rechnungsabgrenzungsposten aus dem Inneren finanziert werden.
Dieser Beitrag liefert unter anderem Antworten auf diese Fragen:
- Was ist langfristiges Fremdkapital?
- Was ist kurzfristiges Fremdkapital?
- Was ist in der Bilanz Fremdkapital?
- Sind Rückstellungen immer Fremdkapital?
Die Befristung, Kündbarkeit und Pflicht zur Rückzahlung unterscheidet das Fremd- vom Eigenkapital. Anders als beim Eigenkapital ist der Rückzahlungsanspruch der Gläubiger erfolgsunabhängig. So müssen Dividenden auf Eigenkapitalanteile nur bei Erfolg des Unternehmens ausgezahlt werden, während Fremdkapitaldarlehen unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens fällig werden.
Dies gilt auch dann, wenn Gesellschafter dem Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen gewähren, also eine Fremdfinanzierung leisten und eben keine Eigenkapitalanteile zur Verfügung stellen. Mit Fremdkapital sind weder Stimmrechte noch Haftungsregelungen verbunden.
Privathaushalte und fremdes Kapital
Für Privathaushalte spielt der Begriff des Fremd- ebenso wie der des Eigenkapitals eine große Rolle bei der Immobilienfinanzierung. Während das Eigenkapital sämtliche vom Käufer eingebrachten Mittel (Geldvermögen, Eigenleistungen und weiteres) umfasst und mit seiner Höhe die Kreditzusage und auch den Zinssatz erheblich beeinflusst, fallen unter das Fremdkapital alle von Dritten gewährten Mittel. Darunter fällt der Kredit von der Bank für den Hauskauf ebenso wie Leistungen der öffentlichen Hand oder Kredite von privat. Die Fremdkapitalgeber lassen sich ihre Leistungen in der Regel über Grundpfandrechte absichern.
Fremdkapitalformen
Von den durch die sogenannte Innenfinanzierung entstehenden Fremdkapitalanteilen wie Rückstellungen und passive Rechnungsabgrenzungsposten abgesehen, wird Fremdkapital für gewöhnlich von außen zugeführt. Dies geschieht meist in Form von Bankdarlehen sowie Kunden- oder Lieferantenkrediten. Diese fallen, zusammen mit weiteren Finanztiteln wie Obligationen, allesamt unter den Oberbegriff der Verbindlichkeiten.
Rückstellungen werden gebildet für Zahlungen, zu denen die juristische Person künftig bindend verpflichtet ist, zum Beispiel Steuerzahlungen oder auch Pensionszahlungen. Veränderungen im Fremdkapital werden als „Finanzierungssaldo“ bezeichnet, bei öffentlichen Haushalten spricht man vom „Haushaltssaldo“.
Fremdkapital im Unternehmen
Sowohl für Analysten als auch für Gläubiger eines Unternehmens spielt die Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital eine große Rolle. Einfachster Anhaltspunkt für die Einordnung ist der Faktor der Rückzahlung – sobald die Möglichkeit der Rückzahlung besteht, müssen die Mittel als Fremdkapital bilanziert werden. Dies gilt beispielsweise auch für Rücklagen, die nur mit einer fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit fällig werden.
Sobald die Verzinsung des Kapitals vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens unabhängig ist, ist ebenfalls davon auszugehen, dass es sich um Fremdkapital handelt. Es existieren teils auch Mischformen, auch „Mezzanine-Eigenkapital“ genannt. Zu diesen gehören zum Beispiel Nachrangdarlehen oder andere Finanzierungsformen, die von Ratingagenturen zum wirtschaftlichen Eigenkapital gezählt werden.
Besonders augenfällig wird der Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital im Falle der Liquidation, Auflösung oder Insolvenz eines Unternehmens. Denn während der Insolvenzverwalter beispielsweise noch ausstehende Eigenkapitalanteile von den Gesellschaftern zur Einzahlung in die Insolvenzmasse fordern kann, können Kreditgeber das dem Unternehmen als Fremdkapital gewährtes Darlehen außerordentlich kündigen und gehören zu den regulären Insolvenzschuldnern eines Verfahrens.
Bilanziert wird das Fremdkapital auf der Passivseite, und zwar nach § 266 HGB unterteilt in Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Die Bilanz muss außerdem Auskunft über Herkunft und Laufzeiten des Fremdkapitals geben. Kurzfristiges Fremdkapital muss binnen eines Jahres zurückgeführt werden, wie Kontokorrentkredite oder erhaltene Anzahlungen. Bei langfristigem Fremdkapital liegt die Laufzeit im Regelfalle über fünf Jahren, das Geld steht dem Unternehmen also längerfristig zur Verfügung. Darlehen sind meist dieser Kategorie zuzurechnen. Laufzeiten dazwischen zählen zum mittelfristigen Fremdkapital. Vorteil der Fremdkapitalfinanzierung ist die steuerliche Absetzbarkeit, zudem müssen Gewinne nicht an Fremdkapitalgeber ausgeschüttet werden. Zusammengefasst sind dies die Kriterien für Fremdkapital:
- Schuldverhältnis: Anders als das Eigenkapital generiert das Fremdkapital lediglich ein Schuld- und kein Beteiligungsverhältnis.
- Haftung: Während Gesellschafter, abhängig von der Rechtsform des Unternehmens, mindestens mit ihrer Eigenkapitaleinlage haftbar sind, haften Fremdkapitalgeber nicht.
- Gewinne: Gesellschafter werden anteilig am erzielten Gewinn beteiligt. Fremdkapitalgeber erhalten Tilgung und Zinsen, unabhängig vom Erfolg.
- Stimmrechte: Fremdkapitaleinlagen begründen keine Mitbestimmung im Unternehmen.
- Zeitliche Bindung: Fremdkapital wird für einen bestimmten Zeitraum gewährt.
- Steuern: Die auf Fremdkapital zu leistenden Zinsen können steuerlich geltend gemacht werden.
- Rang: Im Falle der Insolvenz oder Liquidation können Fremdkapitaldarlehen außerordentlich gekündigt werden. Der Kapitalgeber ist, anders als der Gesellschafter, ein normaler Gläubiger und nicht nachrangig.
Fremdkapitalquote
Das Fremdkapital spielt naturgemäß eine große Rolle bei der Beurteilung der Wirtschaftskraft von Unternehmen. Die Fremdkapitalquote ist dabei eine der wichtigsten Bilanzkennzahlen. Sie ergibt sich daraus, dass Fremdkapital und Gesamt-Bilanzsumme in Relation gesetzt werden. Eine hohe Fremdkapitalquote bedeutet, dass das Unternehmen zu einem Großteil von außen finanziert ist. Dies erhöht das Ertragsrisiko, da große Anteile der Gewinne für Tilgung und Zinszahlungen gebunden sind. Umgekehrt erhöht eine geringe Fremdkapitalquote die Gläubigersicherheit, da ein Ausfall ihrer Forderungen und ein Liquiditätsengpass unwahrscheinlicher werden.
Die Quote schwankt stark je nach Branche, in der das Unternehmen tätig ist. So haben Kreditinstitute die bei weitem höchste Fremdkapitalquote mit durchschnittlich 85 Prozent, während sie bei der Automobilindustrie nur knapp 40 Prozent der Bilanzsumme entspricht. Auch volkswirtschaftlich ist die Fremdkapitalquote von Bedeutung. So wurde während der Bankenkrise die außergewöhnlich hohe Fremdkapitalquote der Banken zum Problem, die nicht mehr in der Lage waren, ihre notleidenden Hochrisiko-Kredite selbst abzusichern.
Auch die Kreditvergabe an Staaten wird unter anderem von deren Fremdkapitalquote abhängig gemacht. Die Fremdkapitalquote ist eines von mehreren Kriterien, die Investoren für ihre Entscheidungen heranziehen. Allerdings bedeutet eine niedrige Quote nicht immer Solvenz, denn auch Unternehmen oder Staaten, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Probleme keine Fremdmittel mehr erhalten, werden letztlich eine niedrige Fremdkapitalquote aufweisen.